4. Reise nach Finnland und in die Partnerstadt Salo
31.07. – 10.08.2016
Am Sonntag, den 31.07.2016, schwärmte nach einem ruhigen Flug eine Gruppe von 25 teils erfahrenen Reisenden, teils neugierigen Neuen aus, um Helsinki zu erkunden. Die Neuen waren gleich überrascht, dass alle Geschäfte am Sonntag offen sind, man einkaufen und überall essen kann. Natürlich waren vor allem die Esplande, die zum Flanieren einlädt, und der Hafen das Ziel der meisten, und so traf man sich immer wieder.
Von Helsinki aus gab es einen Tagesausflug in das Künstlerdorf Tuusula, wo man noch heute auf den Spuren des Komponisten Jean Sibelius in seinem Haus Ainola (benannt nach seiner Frau Aino) seinem Leben und Wirken nachspüren kann. Ebenso interessant war das Atelier des Malers Pekka Halonen, das nicht nur mit einer fantastischen Aussicht aufwarten kann, sondern auch eine vielseitige Ausstellung finnischer Maler zu bieten hatte. Dagegen war dann in Nurmijärvi das Geburtshaus des finnischen Schriftstellers Alexis Kivi (der als erster Finne statt der bis dahin üblichen schwedischen Sprache die finnische benützte und ihr so als Literatursprache zum Durchbruch verhalf) sehr armselig, denn er kam aus ganz einfachen Verhältnissen und starb in Tuusula ganz vereinsamt.
Nach diesen Besichtigungen, zu denen natürlich ein hervorragendes Mittagessen gehörte - wie wir es noch einige Male bekommen sollten - ging es auf der sogenannten Königsstraße Richtung Westen zu den beiden ehemaligen Eisenhüttendörfern Mustio und Fiskars. In Mustio wurde schon 1560 das Eisenwerk gegründet, in Fiskars 100 Jahre später. In Mustio zeugt der alte Herrenhof mit den prachtvollen Zimmern und einem riesigen Garten mit allen dazu gehörenden Nebengebäuden noch von der Zeit, als Finnland zu Schweden gehörte. Fiskars hat sich, nachdem die Eisenindustrie aufhörte, zu einem höchst lebendigem Künstlerdorf entwickelt.
Am Abend kamen wir in Salo an und gleich gab es mit Esko (Esko Hariniemi, Sekretär des Hansa-Vereins) und der Führerin für die nächsten Tage viel zu besprechen, denn die Stadt Salo, die ja durch die vielen Eingemeindungen riesengroß geworden ist, war ja mit das Hauptziel der Reise. Leider war der Marktdonnerstag am Morgen ziemlich verregnet, sodass man das Getriebe nicht so richtig mitbekam. Aber die Tour durch das große Salo war dann wieder trocken. In Muurla, der Glasfabrik, wurde eifrig geschaut und eingekauft.
Der Gutshof (finnisch: kartano) Wiurila wird noch heute von den Besitzern bewohnt und ist gleichzeitig Museum, mit einem großen Festsaal, einem liebevoll gestalteten Museum alltäglicher Gegenstände, zu denen die tadellos deutsch sprechende Hausherrin erzählen konnte, wessen Puppe, Kleid, Gerätschaften da zu sehen sind. Außerdem gibt es noch eine riesige Remise mit Kutschen aus unterschiedlichsten Zeiten und für unterschiedlichste Anlässe. Wir wurden auch noch mit Kaffee und Kuchen und einer ungewöhnlichen Ausstellung verwöhnt.
Dann kam das Treffen im neuen Rathaus von Salo, wo uns Bürgermeister Antti Rantakokko, die Vorsitzende des Stadtrats, Annika Viitanen, die Leiterin für internationale Beziehungen Terhikki Heinonen und Teija Järvelä, die für Kommunikation zuständig ist, begrüßten und wir uns mit einer großen Kiste deutscher Bücher für die Bibliothek und einer improvisierten kurzen finnischen Rede für die Einladung bedankten. Der Abend verlief ausgesprochen harmonisch bei vielen angeregten Gesprächen, auf Deutsch, Englisch und manchmal einfach per „Dolmetscher“. Besonders gefreut hat uns, dass Anneli Heino vom Hansaverein, die ja über 40 Jahre in Deutschland gearbeitet hat, immer noch tadellos deutsch spricht und gesundheitlich wieder einigermaßen auf dem Damm ist.
Am 5. August fand ein langer Ausflug durch die Umgebung von Salo statt. Ein weiteres Eisenhüttendorf liegt in dem traumhaft schönen Erholungsgebiet Teijo, wo wieder ein „kartano“ besucht wurde und die kleine Kirche, die der etwas skurrile Besitzer erbaute. (Er erfand ein „perpetuum mobile“, das aber nie ganz fertig wurde, war überzeugt, dass eine weitere Sintflut kommen werde und hatte deshalb vor seinem Schlafzimmerfenster einen Kahn angebunden, damit er im Ernstfall noch sein Schiff erreichen könnte).
In Mathildedal gab es ein wunderbares Mittagessen und viel zu sehen: Alpakas und die Produkte aus deren Wolle, eine Bäckerei, die herrliches Brot und traditionelles finnisches Gebäck herstellt. Leider hatten wir nicht mehr genügend Hunger. Ein Spaziergang am Wasser mit Blick über die Schärenwelt half da auch nicht, wieder ordentlich zulangen zu können.
Fast ganz in die finnische Natur konnte man eintauchen im Naturzentrum von Teijo, wo man eine Vorstellung von den weiten finnischen Wäldern mit den Seen und Beeren und Pilzen bekam. Nachdem wir noch die wunderschöne alte Steinkirche von Perniö angeschaut hatten, ging es zurück in die Stadt Salo, wo uns der Bus abholte und wir am See mit Schwimmen, Sauna, Gegrilltem und leckeren Salaten von Esko, Anneli u. a. verwöhnt wurden.
Dann galt es wieder einmal Abschied zu nehmen von den Freunden in Salo, denn am nächsten Tag ging es weiter nach Turku, der ehemaligen Hauptstadt Finnlands. Gleich nach der Ankunft erwartete uns eine äußerst kompetente Führerin, die uns die Sommerresidenz des finnischen Präsidenten in Kultaranta zeigte. Ein imposantes Gelände, wo man es durchaus aushalten könnte, fanden wir.
Im Ravintola Pohjankulma erwartete uns die Besitzerin am Eingang ihres Restaurants, und wir waren begeistert von dem köstlichen Buffet mit Fisch- und anderen Spezialitäten aus der Region. Anschließend hatten wir eine Führung durch das Schloss Villnäs/ Lohisaari, wiederum ein „kartano“, der über 300 Jahre einer adligen Familie gehörte und später der Familie Mannerheim (Freiherr Carl Gustaf Emil Mannerheim war Offizier und Staatsmann, Oberbefehlshaber der finnischen Armee im Winterkrieg 1939/1940 und im Fortsetzungskrieg 1941, von 1944 bis 1946 war er finnischer Staatspräsident). Die Ausstattung des Gutshofs ist zum größten Teil noch original. Den Abschluss bildete ein leider viel zu kurzer Besuch einer Töpferei in der Nähe von Kustavi, das auch im Schärengebiet liegt. Die Busfahrt war aufregend, denn immer wieder gab es auf beiden Seiten das „typische“ Finnland zu bewundern: Seen und Inseln und Wälder.
Den Sonntag konnten wir frei in Turku verbringen. Es gibt ja dort so viel zu sehen: den Hafen, die Burg, das alte Turku, das nur aus Holzhäusern besteht, heute ein Freilichtmuseum ist, in dem man noch alte Handwerkskunst bewundern kann und vieles andere mehr.
Am nächsten Tag fuhren wir dann weiter nach Norden, nach Tampere, das zwischen zwei Seen liegt und deshalb wegen des Höhenunterschiedes von einigen Stromschnellen durchzogen ist, die schon sehr früh zur Energiegewinnung benutzt wurden. Der Jugendstildom sucht seinesgleichen. Das Stadtbild wird geprägt von den alten Industriebauten, die man nicht abgerissen, sondern einer neuen Nutzung zugeführt hat. Pispala, der Bergrücken zwischen den beiden Seen, bietet nicht nur eine Traumaussicht, es erzählt auch die Geschichte der Besiedlung um 1900, als die Arbeiter dort begannen, den Wald zu roden und unter großen Mühen Häuser errichteten, die zum Teil auch an den steilen Hängen wieder abrutschten. Lauri Viita, der bekannte Schriftsteller und Dichter, hat in seinem Roman „Moreeni“ (deutsch: Ein einzelner Weiser ist immer ein Narr) die Zeit der Bebauung und den anschließenden Bürgerkrieg sehr eindringlich beschrieben.
Der letzte Tag vor der Heimfahrt führte uns nochmals weiter nach Norden, nach Mänttä in die bedeutendste private Kunstsammlung - der Gösta-Serlachius-Kunststiftung - der Nordischen Länder. Zwar waren einige der Gruppe zunächst skeptisch, da das Programm sehr gedrängt aussah, aber es entpuppte sich als sehr gut machbar mit genügend Zeit zum Entspannen am See zwischendurch. Den krönenden Abschluss des Tages bildete der Besuch der Steinkirche mit einem kleinen, aber sehr schönen Konzert einer ortsansässigen Bratschistin. Die gute Akustik der Kirche unterstrich noch die schöne Darbietung eines Bachwerkes (Extra Bach für die Deutschen hatte die Künstlerin ausgesucht).
Am 10. August fuhr die Gruppe dann mit dem Bus über Hämeenlinna, wo einige noch das Geburtshaus von Jean Sibelius besuchten, direkt zum Flughafen und flog zurück nach München.
Es war eine ereignisreiche Reise, bei der erfreulicherweise alles wie am Schnürchen klappte, Busse und Führungen waren immer pünktlich, das Essen war gut bis ausgezeichnet, der Wettergott, Ukko , war uns auch gewogen und bescherte uns keine großen Regengüsse (nur ein bisschen, damit man auch weiß, dass er anders kann), die Begegnungen in Salo waren schön wie immer und die Gruppe war wirklich harmonisch. Auch gab es keinerlei Krankheiten oder Unglücke zu beklagen. Kurzum: eine sehr schöne Reise, von der man viele Eindrücke behalten wird.
Ingeborg Keil