● (29) Lauri Viita zum 100. Geburtstag

27.4.2017

Lauri Viita, ein bedeutender finnischer Dichter und Schriftsteller, hätte am 17.12.2016 seinen 100. Geburtstag gefeiert. Anlässlich dieses Datums wurde ein Abend ihm zu Ehren in Puchheim für den DFC gestaltet.

Zunächst sprachen wir davon, wie ich auf Lauri Viita gekommen sei. 1986 hatte meine Familie durch Zufall einen finnischen Gastschüler bekommen, Matti Viita, den Enkel des Dichters. Es entstand eine bis heute andauernde Freundschaft, die dazu beitrug, dass die Familie Keil viel über Lauri Viita im Lauf der Zeit erfuhr.

Nach einer allgemeinen Einführung über die geologischen Gegebenheiten in und um Tampere und der Entstehung des Moränenhügelrückens Pispala, der Schauplatz ist für den Roman „Moreeni“ (wörtlich: Moräne, deutscher Titel: „Ein einzelner Weiser ist immer ein Narr“), wurden die Zuhörer überrascht mit einem finnischen Abschnitt aus dem Roman, was für einige der erste Kontakt mit der finnischen Sprache war. Aus dem Roman, der zugleich eine Art Biographie des Autors ist, wurden einige Textpassagen (nun allerdings auf Deutsch) vorgetragen, die beschreiben, wie das Leben der Arbeiter um 1900 in der Industriestadt Tampere aussah, wie die großen Familien gezwungen waren, sich eine Bleibe auf dem nahegelegenen Hügelrücken Pispala zu schaffen. Es wurde gezeigt, wie die politische Situation im Ersten Weltkrieg, im Fortsetzungskrieg und im Winterkrieg in Finnland war und wie trotz der widrigen Umstände die jungen Menschen doch eine gewisse Freiheit im Land genießen konnten. In diese chaotische Zeit wird Lauri Viita 1916 als jüngstes Kind nach sechs Geschwistern hineingeboren. Lauri besucht das Gymnasium, was zu der Zeit in der Umgebung gar nicht goutiert wird, denn so fehlt ein Verdiener in der Familie und man will auch nicht besser sein als die anderen. 1939 heiratet er Kerttu Solin, hat zwei Kinder mit ihr und lässt sich, nun schon ein bekannter Dichter, 1948 von ihr scheiden, weil er sich in eine junge Dichterin, Aila Meriluoto, verliebt hat und meint, ohne sie nicht leben zu können. Hier geraten nun zwei geniale Menschen aneinander, es entwickelt sich eine ausgesprochen stürmische Ehe, aus der vier Kinder hervorgehen. Aber auch diese Ehe wird geschieden, als Lauri wiederholt in eine Nervenheilanstalt eingewiesen werden muss. Aila sagt einmal über ihn, dass er „kein Dichter, sondern eine Naturkatastrophe“ sei. 1956 wird die Ehe geschieden. Lauri ist nach längeren Behandlungen wieder gesund, ist als Dichter sehr erfolgreich und reist viel im Land umher. 1962 heiratet Lauri ein drittes Mal, Anneli Kuurinmaa, mit der er auch noch einen Sohn hat. Am 21.12.1965 wird er bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall so schwer verletzt, dass er am nächsten Tag im Krankenhaus stirbt.

Aila Meriluoto hat ein Buch über ihn geschrieben, „Lauri Viita, „Legenda jo elämänsä“ (Lauri Viita, Legende schon zu Lebzeiten). Dieses Buch wurde 2009 verfilmt unter dem Titel eines ihrer Gedichte „Putoavia Enkeleitä“ (Gefallene Engel). Anlässlich seines 100. Geburtstags wurde von Eeva Kontu ein Musical komponiert, „Viita 1949“, das mit großem Erfolg in Tampere aufgeführt wurde und noch wird. Lauri Viita hat neben seinem Roman „Moreeni“ noch einen weiteren geschrieben, besonders bekannt ist er aber wegen seiner Gedichte, die zu einem Teil von Heikki Sarmanto vertont wurden und von Tapani Kansa gesungen.

Es ist sehr schwer, Gedichte in eine andere Sprache zu übertragen. So wurde nur der Inhalt von „Iso Mies“ (Ein großer Mann), „Alfhild“, „Betonimylläri“ (Der Betonmischer) besprochen, dann übernahm die Musik die Interpretation. Das Gedicht „Alfhild“ ist geradezu eine Hymne auf seine Mutter, das in Finnland zu dem Muttertagsgedicht wurde. Ein Gedicht „Onni“ (Glück) ist übersetzt worden, wenn auch leicht gekürzt. Es wird als eine Art Vermächtnis des Dichters angesehen, denn es ist sein letztes Gedicht, das bereits wie ein Abschied klingt. Es erschien an dem Tag in der Zeitung , als auch die Nachricht von seinem Tod berichtet wurde.

                                                                                                                         Ingeborg Keil