Die 3. Reise des Deutsch-Finnischen Clubs nach Finnland

3.8.-13.8.2012

Wo beginnt eine Reise durch Finnland? Natürlich in Helsinki.

Wir kamen am Freitag, 3.8.2012, mit dem Flugzeug pünktlich an und fuhren zum Hotel Seurahuone, was „Gesellschaftszimmer“ bedeutet. Das ursprüngliche Seurahuone wurde 1833 eröffnet als Treffpunkt zum Ausgehen, Empfänge abhalten und übernachten. Wer hat's gebaut? Natürlich Carl Ludwig Engel! Dort wurden die ersten Opern aufgeführt, das erste Kino gab's da. 1912, als der Pachtvertrag ausgelaufen war, brauchte man einen neuen Treffpunkt für alle, vom Studenten zum Künstler und zum Politiker, und das wurde das heutige Hotel gegenüber dem Hauptbahnhof.

Wer wollte, machte dann noch eine kurze Führung durch Helsinki mit, wer wollte, besuchte auf eigene Faust Bekanntes und Neues. Natürlich gehörte auch das eben neu-eröffnete Kamppi, die Kapelle, die wie ein Bienenstock aussieht, ganz aus Holz besteht und eine wunderbare Ruhe ausströmt, zu unserem Besuchsprogramm. Dass wir uns am Abend in „unserer“ Kneipe, dem „oluthuone“, auf ein Bier trafen, versteht sich von selbst.

Am Sonntag flogen wir nach Rovaniemi, dem „Tor nach Lappland“, und waren überrascht, solch strahlenden Sonnenschein und Wärme vorzufinden. Hier gab es schon vor 8.000 Jahren Nomaden, wie Ausgrabungen zeigen. Kein Wunder, denn hier fließen der Ounasjoki und der Kemijoki zusammen, eine ideale Lage zum Fischen, Handel treiben.

Am Abend trafen sich merkwürdigerweise fast alle in der Hemingwaybar auf ein Bierchen. Wir wunderten uns allerdings, was Hemingway wohl so weit im Norden getrieben haben könnte, doch sicher nur inkognito, denn niemand wusste etwas davon, dass er je im Norden gewesen war, er wohl nicht einmal von der Existenz Finnlands wusste.

Am nächsten Tag erkundeten wir, wo der Joulupukki, also der Weihnachtsmann, haust. Wir wurden sogar von ihm persönlich empfangen und unterhielten uns auf Deutsch mit ihm. Gut war, dass Elke darauf bestanden hatte, dass wir uns vor unserem Besuch beim Joulupukki entlang des Polarkreises aufstellten für ein Foto. Als wir nach unserem Besuch ins Freie kamen, trauten wir unseren Augen nicht: Es goss wie aus Eimern, so dass man kaum das gegenüberliegende Gebäude sehen konnte. Dummerweise wollte es auch gar nicht aufhören. Zum Glück holten ein paar Beherzte die anderen mit Regenschirmen zum Bus.

Es ging dann weiter zum Pyhätunturi, dem Heiligen Berg. Da es immer noch etwas regnete, beschloss ein Teil der Gruppe, auf die Wanderung durch eine hochinteressante Schlucht zu verzichten und blieb im dortigen Hotel, wo es Filme über Natur und Umgebung anzusehen gab. Die Unermüdlichen wurden belohnt, denn kaum hatten wir uns alle in die vom Führer mitgebrachten Regenhäute gepackt, hörte es auf zu regnen und wir hatten eine wunderbare Wanderung durch die Schlucht, sahen uns unbekannte Pflanzen, bestaunten die Geologie und ... sahen und spürten die ersten - und einzigen - Stechmücken auf dieser Fahrt!

Unterwegs mit dem Bus auf den langen Strecken durch Wälder begegneten uns immer wieder Rentiere, die es überhaupt nicht eilig hatten, die Straße zu überqueren. So konnten doch etliche gute Fotos von ihnen gemacht werden.

Über Kuusamo, das früher ein bedeutender Kreuzungspunkt zweier Kulturen war und heute hauptsächlich vom Tourismus lebt, fuhren wir weiter nach Kajaani, das um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert der wichtigste Produzent von Holzteer in Europa war. Den Holzteer brauchte man für die Flotten, und wenn Krieg herrschte, war die Nachfrage groß. Überhaupt bekamen wir einen Eindruck, wie entsetzlich schwer das Leben der Köhler gewesen sein muss. Natürlich mussten wir auch noch die Teerpastillen probieren, die gar nicht so schlecht schmecken, wenn man sich mal an den Geschmack gewöhnt hat.

Von Kajaani aus hat der Arzt Elias Lönnrot (1802-1884) seine Forschungsreisen durch Karelien unternommen, mündlich überlieferte Volksdichtung aufgezeichnet und daraus das finnische Nationalepos, das Kalevala, zusammengestellt. 1849 erschien die endgültige Fassung. Meine Intention war, der Gruppe die Erschaffung der Erde vorzulesen, aber schließlich wurde viel mehr daraus, denn offenbar war es schön, während der Fahrt vorgelesen zu bekommen. Und so erfuhren wir, wie Väinämöinen geboren wurde, wie gekämpft wurde, wie die Kantele entstand und was der Sampo ist. Ein wunderschönes kleines Kantelekonzert hörten wir später noch im Karelischen Museum.

Über Raahe ging es weiter bis Oulu, wo das Programm nicht so ausfiel wie wir es gedacht hatten, aber die Fahrt mit dem Boot war trotzdem schön. Das Freilichtmuseum Turkansaari zeigte uns nochmals viel Interessantes über das Leben im Norden Finnlands, außerdem sahen wir noch Volkstänzer, die zufällig da waren. Wir erkundeten auch die Stadt. Leider gab es gerade keinen Luftgitarrenwettbewerb, denn den hätten wir uns sicher nicht entgehen lassen.

Tornio, wo früher das Lapinkultabier gebraut wurde, jetzt aber nur noch ein riesiger leer stehender Komplex zu sehen ist, reizte einige, einen kurzen Abstecher nach Haparanda in Schweden zu machen. Von dem einstigen Reichtum Tornios, das im 17. und 18. Jahrhundert ein sehr wichtiger Handelsumschlagplatz war, ist heute nicht mehr viel zu sehen. Die Kirche ist sehr sehenswert.

Nun neigte sich unsere Fahrt schon dem Ende zu. Zurück in Rovaniemi stellten wir fest, dass unsere Rückfahrt in den Süden, nämlich nach Salo, wegen großräumiger Bauarbeiten bei der Bahn nicht so wie geplant von statten gehen konnte. Wir mussten daher sehr früh aufstehen, mit mehreren Taxis zum Bahnhof fahren, unterwegs mehrmals umsteigen (Schienenersatzverkehr, kennen wir doch irgendwie?).

Aber schließlich kamen wir wohlbehalten in Salo an, wo uns die Freunde herzlich in Empfang nahmen und wie immer verwöhnten. Wir schauten uns in Turku die alte Stadt an, die noch ganz aus Holz gebaut ist und am Abend wurden wir zu einem typisch finnischen Vergnügen gebracht: Zu einem Tanzschuppen. So etwas kannten wir alle noch nicht, und man glaubt gar nicht, wie die alten, eingerosteten Knochen mit einem Male gelenkig wurden und nicht wenige sich auf einmal ganz anders als gewohnt, entpuppten und tanzten wie der Lump am Stecken.

Aber alles Schöne hat einmal ein Ende. Auch unsere Reise. Am Montag, 13.8.2012 brachte uns der Pendolino von Salo nach Helsinki und um 16.15 Uhr hob das Flugzeug ab nach München.

                                                                                                                              Ingeborg Keil